Seit fast 30 Jahren kämpfen die brasilianischen Indianervölker Macuxi, Wapixana, Ingarikó, Taurepang und Patamona für das Landrecht über ihr gut 1,6 Millionen Hektar großes Gebiet Raposa/Serra do Sol. Sie mußten sich gegen Goldsucher, Viehzüchter, Agroindustrielle und lokale Politiker immer wieder neu organisieren und behaupten.
Pro REGENWALD unterstützt diesen Kampf der Indianer seit rund zehn Jahren.

Im Dezember 1998 unterzeichnete der damalige Justizminister ein Dekret, wonach Raposa/Serra do Sol als Indianergebiet anzusehen und zu demarkieren sei. Zur vollen Anerkennung fehlte nur noch die Unterschrift des Präsidenten.

Um den Vollzug der Landrechtsvergabe zu stoppen, reichte die Regierung des Bundesstaates Roraima 1999 gegen das Vorhaben Klage ein. Damit konnten weder die Viehzüchter und Reisbauern umgesiedelt werden - die sich in den Jahren zuvor in der Region niedergelassen hatten - noch durfte der Präsident die Anerkennungsurkunde unterzeichnen. Diese letzte große Hürde auf dem Weg zur Anerkennung des Landrechtes ist jetzt beseitigt: Am 27. November wies das Oberste Gericht die Klage ab und ermöglicht somit den zügigen Abschluss der Demarkierung.

Die Situation in Roraima ist angeheizt: Reisbauern, Viehzüchter und lokale Politiker protestieren - es könnte zu gewaltsamen Ausschreitungen kommen.

Obwohl es sich deshalb um eine sehr wichtige und auch historisch bedeutsame Entscheidung handelt, die die langjährige Rechtsunsicherheit und den Unfrieden in der Region beendet hätte, hat der scheidende Präsident Fernando Henrique Cardoso diese Unterschrift nicht mehr geleistet. Jetzt liegt die Verantwortung beim neuen Präsidenten Luís Inácio Lula da Silva.

Deutschsprachige Version:

Sehr geehrter Herr Präsident Cardoso,

Als an vielen Dingen interessierter Mensch, welcher eine nachhaltige Entwicklung, Menschenrechte und Indigene Völker unterstützt, habe ich während Ihrer 8-jährigen Amtszeit die Demarkierung der Indianergebiete in Brasilien genau verfolgt.

Ich erkenne - und dafür lobe ich Sie - die bedeutsamen Fortschritte im Prozess der Demarkierung von Indianergebieten, dem Erfüllen der Brasilianischen Verfassung und Ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung des Landes. Komplexe Probleme fanden eine Lösung, und Indianervölker, welche lange für die Anerkennung ihrer Rechte gekämpft haben, haben letztendlich ihr Landrecht anerkannt bekommen. Beispiele, welche ich kenne, sind die Demarkierung des Alto Rio Negro Indianergebietes in Amazonien, die Demarkierung des Landes der Panará in Mato Grosso/Pará, und die Ratifizierung des Xukuru-Gebietes in Pernambuco. Ein weiteres Beispiel ist das 1998 erlassene Dekret zur Demarkierung für Raposa/Serra do Sol in Roraima.

Bedauerlicherweise war seit 1999, wie mir zu verstehen gegeben wurde, die abschließende Ratifizierung von Raposa/Serra do Sol aufgrund einer juristischen Anfechtung bei Brasilianischen Gerichten blockiert. Ich erfuhr nun, daß diese Rechtsfrage unlängst entschieden wurde, und die Argumente gegen die volle Anerkennung von Raposa/Serra do Sol zurückgewiesen sind.

Ich bitte Sie deshalb höflich, die Möglichkeit der Ratifizierung der Demarkierung von Raposa/Serra do Sol in Betracht zu ziehen. Das ist das letzte große ungelöste Problem in der Demarkierung von Indianergebieten in Brasilien. Einmal gelöst, würde dies sicherlich die Anerkennung für Ihre Regierungzeit bezüglich des Umgangs mit den Rechten der indigenen Völker Brasiliens festigen, sowohl von Seiten der Internationalen Gemeinschaft als auch durch das brasilianische Volk.

Danke, dass Sie die Angelegenheit in Betracht ziehen.

Mit freundlichen Grüßen

cc: Paulo de Tarso Ribeiro
Minister of Justice
E-mail: gabinetemj@mj.gov.br

Paulo Sérgio Pinheiro
Secretary of State for Human Rights
E-mail: paulo.pinheiro@mj.gov.br

José Artur Denot Medeiros
Botschafter, Berlin
E-mail: brasil@brasemberlim.de

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